„Hëllef Doheem“ kümmert sich als größter Anbieter von häuslicher Pflege in Luxemburg um 17.000 Kunden – und erforscht zugleich innovative Wege, die Autonomie der Kunden zu erhalten und verbessern.
Der demographische Wandel macht auch vor Luxemburg nicht halt: In seinem Bericht aus dem Jahr 2019 prognostiziert das Statistische Amt der Europäischen Union, dass das Durchschnittsalter der Bevölkerung Luxemburgs zwischen 2019 und 2100 von 39,5 auf 49,6 Jahre ansteigen wird. Das ist im europäischen Vergleich eine enorme Zunahme einer bisher vergleichsweise jungen Bevölkerung. Ist Luxemburg heute noch das drittjüngste Land der EU, läge es bei Eintreffen der Prognose auf Platz 9 der „ältesten“ der 27 EU-Staaten. Eine größere Zunahme des Durchschnittsalters zeigen sonst nur Malta (11,4 Jahre) und Polen (10,5 Jahre).
Mehr pflegebedürftige ältere Menschen
Noch leben wir nicht im Jahr 2100 und Prognosen sind immer mit Unsicherheiten behaftet. Eins ist aber ziemlich sicher: Die europäische Bevölkerung wird immer älter und daraus ergeben sich ganz neue Herausforderungen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund einer Gesellschaftsstruktur mit zum Teil nur loser familiärer Anbindung und dem Wunsch vieler Menschen, lange ein selbstbestimmtes Leben zu führen. In Luxemburg ist es der Stiftung „Hëllef Doheem“ ein Anliegen, den Menschen, die durch die Stiftung betreut werden, ein ebensolches zu ermöglichen.
Innovative Hilfestellungen auf den Weg bringen
Damit dies gelingen kann, arbeitet die Stiftung schon heute daran, neue Wege zu beschreiten, um die Pflege und Unterstützung von morgen auf solide Beine zu stellen. Die Stiftung engagiert sich in verschiedenen Forschungsprojekten, wie Elisabeth Bourkel, Wissenschaftlerin bei Hëllef Doheem berichtet. So hat die Stiftung sich an zwei Forschungsprojekten beteiligt, die sich direkt an ältere, zu Hause lebende Menschen richtet. Im Projekt „Living well with Anne“ wurde ein digitaler Assistent entwickelt, der ältere Menschen mit einer beginnenden Demenz unterstützt – eine Art Siri mit Pflegeauftrag. Anne erinnert die Personen etwa daran, regelmäßig notwendige Medikamente einzunehmen, bietet aber auch Unterhaltungsaspekte wie Radio und ähnliches. Die Entwickler versprechen sich davon, dass den Senioren die Sorge um Kontrollverlust genommen wird und so zugleich die Angehörigen entlastet werden. Eine ähnliche Richtung verfolgen die Forschenden im Projekt „DAPAS“, in dem ein einfach anzuwendendes Programm entwickelt wurde, dass die Menschen dabei unterstützen soll, Unfälle im Haushalt einfach melden zu können, sie an Aufgaben erinnern oder auch einfach zu unterhalten. Noch läuft die Analyse des beendeten Projektes. Aber bereits heute kann Elisabeth Bourkel berichten, dass einige Funktionen durchaus beliebter waren, als andere. „Vor allem die Spiele wurden gerne genutzt, etwa wenn es um Gedächtnistraining ging oder dreidimensionales Vorstellungsvermögen“.
Entlastung und Unterstützung für Pflegende
In einem noch laufenden Projekt geht es unter anderem darum, eine App zu entwickeln, über die ein Informationsaustausch zwischen der Pflegeorganisation und den Kunden und Angehörigen stattfinden kann. Die App ist als eine Drehscheibe für den Informationszugang und -austausch geplant und richtet sich an Pflegeorganisationen, Pflegekräfte, ihre Kunden und informelle Pflegekräfte. Zudem experimentieren die Forscher auch mit Hilfe der Stiftung Hëllef Doheem daran, mit Hilfe von Augmented-Reality-Brillen den Informationsaustausch zwischen Pflegenden und aus der Ferne beratenden Experten zu verbessern. Nicht nur die Qualität der Arbeit soll so verbessert werden: Elisabeth Bourkel und ihre Kolleginnen versprechen sich durch diese Technik auch, den Beruf moderner und damit auch attraktiver zu gestalten – ein Fokus, der auch im Projekt Smart4Health angedacht ist, in dem es darum geht, den Beruf des Pflegers besser zu gestalten; in dem Gesundheitsdaten erfasst werden und den Personen eine gesunde Ausübung ihres wichtigen Berufs zu erleichtern.
Am Ende zählen die Menschen
Bei allen Projekten ist es Bourkel wichtig zu betonen, dass es nicht darum geht, menschliche Interaktionen durch Geräte – Smartphones, Tablets oder ähnliches – zu ersetzen. Im Gegenteil. „Die menschliche Komponente ist in allen Projekten sehr wichtig und die Techniken sollen eher unterstützend sein. So soll etwa der Austausch über Videofunktionen erleichtert werden und es soll beispielsweise daran erinnert werden, Kontakte zu pflegen. Nicht zuletzt ist es auch wichtig, Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen“.
Text: Tim Haarmann, Artikel auf science.lu der Universität Luxemburg